Lebensgeschichten

Gabriella lebt trotz Rollstuhl fürs Fliegen

Eine schwere Krankheit fesselt sie seit jungen Jahren an den Rollstuhl, ihre grosse Leidenschaft, das Fliegen, hat sie trotzdem niemals aufgegeben.

«Ich war zwanzig, als bei mir MS diagnostiziert wurde. Die Beschwerden tauchten natürlich schon früher auf: Die Finger kribbelten oder waren taub, mir war schwindlig und ich sah oft alles verschwommen. Meine Eltern wollten es mir zuerst gar nicht sagen, ich habs dann selber herausgefunden, weil ich Broschüren für MS-Betroffene im Zimmer meiner Eltern entdeckt habe. Als ich meine Mutter gefragt habe, ob ich MS habe, hat sie angefangen zu weinen. Etwa zur gleichen Zeit habe ich Carlo kennengelernt, in einer Disco hier in Grenchen und seither sind wir zusammen – auch wenn wir getrennt wohnen. Er ist mir eine grosse Stütze und ich schätze es wirklich sehr, dass er immer für mich da ist.

Grenzenlose Freiheit über den Wolken

Durch ihn habe ich das Fliegen kennen und lieben gelernt. Wenn man in einem Flugzeug sitzt, spielt es keine Rolle, ob man gehen kann oder an den Rollstuhl gebunden ist. Da ist nur Freiheit. Ich war am Anfang regelrecht süchtig nach Fliegen, wollte immer nur rauf, rauf, rauf. Carlo war der Pilot und ich die Co-Pilotin, einige Male durfte ich sogar selber das Steuer übernehmen – das war ein unbeschreibliches Gefühl, einfach irrsinnig. Meine Krankheit war plötzlich kein Thema mehr.

Auf dem Filmset mit Clooney

Vor ein paar Jahren war ich noch fitter, jetzt darf ich leider nur noch als Passagierin mit aber wir verreisen immer noch viel. Carlo hat sich vor rund zehn Jahren ein eigenes Flugzeug gekauft, ein Oldtimer, Jahrgang 1959. Damit ist er in einer Datenbank für alte Flugzeuge und wird immer wieder für Filmsets gebucht. Zum Beispiel in Captain America, da ist er geflogen. Oder letztes Jahr, da waren wir drei Wochen in Sardinien, weil George Clooney die TV-Serie Catch 22 drehte. Wir mussten am Ende zwar gar nicht so oft fliegen, sondern waren eher auf Abruf und haben dann halt vor allem Ferien gemacht.

Selbstbestimmt und möglichst unabhängig

Ich versuche mein Leben so gut es geht selber zu gestalten. Dank der Betreuung durch die Spitex und meinen Partner kann ich in meiner eigenen Wohnung leben. Das ist mir sehr wichtig. Zweimal in der Woche kann ich mit meiner Betreuerin in die Stadt, ich habe einen elektrischen Rollstuhl und mache damit Besorgungen oder treffe mich mit Freunden. Ich habe gelernt mit dieser Krankheit zu leben. Manchmal gelingt es mir gut, manchmal weniger.»