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Livio Gisler: «Meine Vorgesetzten lassen mir viele Freiheiten»
24.11.2022 - Autor:in: Karriere machen als Mensch
Nach dem Abschluss seines Studiums zum Bachelor of Science in Pflege trat Livio im vergangenen Sommer seine Stelle als Teamleiter beim Seniorenzentrum Oase in Rümlang an. Wir haben mit ihm über seine neuen Aufgaben, Herausforderungen im Pflegealltag und den Umgang mit demenzkranken Menschen gesprochen.
Im Sommer hast du dein Studium abgeschlossen. Wie bist du anschliessend zur Oase Rümlang gekommen?
Livio: Eine Freundin hat während des Studiums hier gearbeitet und mir gesagt, dass Personal gesucht wird. So begann ich im letzten Studienjahr damit, stundenweise hier zu arbeiten. Da sie wussten, dass ich mich für die Langzeitpflege engagiere und gerne Verantwortung übernehmen möchte, haben sie mich schliesslich gefragt, ob ich nach dem Bachelorabschluss als Teamleiter auf der Demenzabteilung anfangen will. Und weil mir die Arbeit hier stets gefallen hat, habe ich natürlich zugesagt.
Was gefällt dir an deiner neuen Stelle?
Ich habe ein tolles, junges Team, mit dem die Zusammenarbeit Spass macht. Auch meine Vorgesetzten sind grossartig. Sie bringen mir viel Vertrauen entgegen und lassen mir viele Freiheiten. Wenn ich bei unseren Abläufen Verbesserungspotenzial sehe, kann ich diese sogleich anpassen. Es motiviert mich, dass diese Anpassungen in der Langzeitpflege direkt oder über kurze Dienstwege vorgenommen werden können.
Konntest du bereits eine Bindung zu den Bewohnenden aufbauen?
Ja, mit einigen schon. Andere brauchen wohl noch etwas länger. Das liegt bestimmt auch daran, dass ich hier auf einer Demenzstation arbeite. Bei dementen Menschen ist es schwieriger, von ihnen angenommen zu werden. Dafür wird man mit der Zeit zu einem sehr wichtigen Bestandteil ihres Lebens.
Die Pflege von Menschen mit Demenz ist bestimmt nicht leicht. Wie geht ihr dabei vor?
Wir versuchen, den Leuten ihre alten Gewohnheiten weiterhin zu ermöglichen. Haben sie jahrelang am Abend ein Glas Wein getrunken, lassen wir sie am Abend ein Glas Wein trinken. So erhalten wir einen Teil ihres alten Lebens. Die Leute kommen jedoch oftmals erst sehr spät zu uns. Dann ist es nicht immer ganz einfach, herauszufinden, welche Gewohnheiten sie einst hatten.
Deine Arbeit gehört zur Palliative Care. Das heisst, du pflegst die Menschen bis zu ihrem Tod. Inwiefern sagt dir das zu?
Ich finde, man baut eine viel tiefere Beziehung zu den Menschen auf, wenn man sie bis ans Ende begleitet. Denn zusätzlich zur reinen Grundpflege geht man sehr oft auf die Gesprächsebene. Die Gespräche, die sich dabei ergeben, sind teilweise sehr intim. Zudem spielt die Betreuung der Angehörigen eine grosse Rolle, da man sie mit der Zeit ebenfalls gut kennt. Diese Aspekte der Langzeitpflege schätze ich sehr.
Wie sieht dein Arbeitsalltag aus?
Ganz unterschiedlich. Kein Tag ist wie der andere. Es gibt einige Fixpunkte im Tagesablauf der Bewohnenden, zum Beispiel das Mittag- und Abendessen. Diese geben meinem Alltag einen gewissen Rahmen. Auch kennt man mit der Zeit die Gewohnheiten der Bewohnenden und weiss in etwa, wer früher aufsteht und wer lieber ausschlafen will. Ansonsten kann man nie wissen, was der Tag bringen wird. Dadurch wird es aber auch nie langweilig.
Wie sind die Arbeitszeiten? Arbeitest du oft in der Nacht?
Nein, ich muss nie in der Nacht arbeiten. Wir haben einen Dreischicht-Betrieb mit einem fixen Nacht-Team. Ansonsten hat man entweder Früh- oder Spätdienst. Die Oase-Gruppe ist in dieser Hinsicht sehr fortschrittlich und offen für flexible Arbeitszeiten. Beispielsweise gibt es die Möglichkeit, bei einem Pensum von 50 Prozent lediglich am Morgen zu arbeiten.
Was ist die grösste Herausforderung, die du im Alltag meistern musst?
Ich muss stets den Überblick behalten – was bei 17 Bewohnenden und einem 15-köpfigen Team gar nicht so einfach ist. Ich muss abschätzen können, wer demnächst Unterstützung braucht und wer vom Team helfen könnte. Dies im Voraus zu wissen ist gar nicht so einfach.
Bleibt da noch Zeit, mit den Bewohnenden zu reden?
Am Morgen jeweils nicht. Da gibt es zu viel zu tun. Die Nachmittage sind aber oftmals eher ruhig, sodass ich immer mal wieder Zeit für ein Gespräch finde.